FOCUS MONEY: Beste Beratung für Vermögende

22. Mai 2014

In schwierigen Zeiten ist gute Beratung besonders gefragt. FOCUS-MONEY testet, welche Banken für anspruchsvolle Kunden einen Besuch wert sind.

Immer mehr Banken suchen unorthodoxe Wege zum Kunden. Der neue Trend nennt sich Erlebnisbanking. Cafés und Designläden entpuppen sich als Bankfilialen. In Gütersloh versucht es beispielsweise die dortige Volksbank mit ihrem „Bankery“-Konzept, einer bisher einzigartigen Mischung aus Bank und Restaurant.

Bankmitarbeiter sind sogar am Samstag von neun bis 15 Uhr vor Ort. Stets gilt das Motto: Erstklassige Beratung braucht ein atmosphärisch hochwertiges Umfeld, das zum Dialog und zum Verweilen einlädt. Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) versucht zusammen mit FOCUS-MONEY herauszufinden, wo nicht nur die Atmosphäre erstklassig ist, sondern auch die Beratung.

Denn vermögende Kunden sind nicht nur beim Essen anspruchsvoll, sie wollen auch 5-Sterne-Tipps bekommen, wie sie ihr Vermögen in Zeiten historischer Tiefstzinsen erhalten können. Institute, die die Königsdisziplin der Beratung beherrschen, erhalten von FOCUS-MONEY und dem IVA das Siegel „Beste Private-Banking-Beratung“.

Die Münchner, eine bankenunabhängige Gesellschaft zur Förderung des Vermögensaufbaus von Privatanlegern, haben sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr in 35 Städten Siegerbanken ausfindig zu machen. Der Musterkunde. Um sich die Auszeichnung zu verdienen, gilt es, auf einen Testfall gut zu reagieren. Ausgangspunkt ist ein vermögender Privatkunde, der erst kürzlich in der jeweiligen Test-Stadt sein neues Zuhause bezogen hat und jetzt eine Hausbank sucht. Er verfügt über rund 500 000 Euro liquides Vermögen und eine schuldenfreie Immobilie. Sein monatliches Bruttoeinkommen beträgt in allen Testfällen rund 10 000 Euro. Darüber hinaus verfügt er über eine Haftpflicht- und eine Hausratversicherung, eine betriebliche Altersvorsorge sowie
eine Rechtsschutz- und Unfallversicherung. Um den Testfall zu erschweren, kümmerte sich der Kunde bisher noch nicht um seine Altersvorsorge. Auch verfügt er über keine Berufsunfähig-keitsversicherung. Zur Deckung seiner Defizite lässt er erkennen, monatlich rund 2000 Euro zusätzlich auf die hohe Kante legen zu wollen. Bei Kunden solchen Kalibers sollten Finanzberater
eigentlich zur Höchstform aufl aufen. Denn sie verfügen gemeinhin über ein stattliches Arsenal verschiedenster Investments (s. Grafik unten).

 

 

Zudem gibt es meist viel Optimierungsbedarf. Dann winken hohe provisionsträchtige Transaktionen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich das Vermögen des Neukunden aus unzureichend verzinsten Finanzprodukten zusammen-setzt. Die Deutsche Bundesbank bestätigte erst Anfang des Jahres wieder, dass die Bundesbürger im Schnitt zu viel ihrer Ersparnisse in Form von Bargeld, Sicht- und Spareinlagen oder Termingeldern horten (s. Grafik unten).

Der Beratungsbedarf ist immens. Denn eine repräsentative Umfrage unter 500 vermögenden deutschen Privatinvestoren offenbarte gravierende Wissenslücken. Fast drei Viertel der Befragten bezeichneten das eigene Finanzwissen als „schwach“. Die Hälfte beklagte, dass sie keine klare Strategie hat, wie sie ihre fi nanziellen Ziele erreichen kann. „Angesichts des fehlenden Finanzwissens sind Anlageberater gefragt, diese Lücke zu füllen“, fordert IVA-Vorstand Kai Fürderer.
Der Testverlauf. Um der Beratungsqualität auf die Spur zu kommen, geht es den Testern beim Erstkontakt in erster Linie noch nicht um die Neuanlage des Depotvermögens, sondern um ein qualifiziertes Kennenlernen. Sein Profi l und seine Absichten offenbart der Tester zunächst telefonisch. Der Neukunde in spe möchte zuerst den speziellen Umgang der Bank mit vermögenden Kunden prüfen.

Dazu gehört auch die Erwartung, dass ihn der Berater auf seine Versorgungslücken hinweist. „Die Herausforderung ist für uns in jeder Stadt, dass wir bei den Banken bei dem richtigen Ansprechpartner sitzen und dieser auch unserem Beratungswunsch nachkommt“, sagt Fürderer. Wenn schon das nicht zur Zufriedenheit gelingt, wird ein Kunde kaum vertrauensvoll seine persönlichen Vermögensverhältnisse offenbaren.

Um die beste Hausbank ausfindig zu machen, stellen die IVA-Tester die aufgesuchten Filialen und die dort auftretenden Ansprechpartner anhand von 91 Fragen auf den Prüfstand (siehe Tabelle unten). Der Fragenkatalog ermöglicht eine exakte Analyse der Gespräche und gibt Aufschluss darüber, wie die Bankberater auf den vermögenden Neukunden reagieren. Die Fülle an Bewertungskriterien stellt sicher, dass die Gespräche in allen Städten und für alle Geldinstitute vergleichbar sind.

Zuerst bewerten die Tester die Kontaktaufnahme. Dazu gehören Umfang und Qualität der Fragen zu den Wünschen des Kunden sowie die Freundlichkeit des Bankers. Im Rahmen der Nachbetreuung zählen beispielsweise Umfang und Aussagekraft der ausgehändigten Unterlagen. Beim Kriterium „Atmosphäre“ lassen die Tester die Umgebung und das Gespräch auf sich wirken. Das Kriterium „Kundengerechtigkeit“ erfasst die Bereitschaft des Beraters, auf die Wünsche, Präferenzen und die persönliche Situation seines Gesprächspartners einzugehen. Gefragt sind auch leicht verständliche Ausführungen zu Kosten, Risiken und Steuern. Beim Kriterium „Sachgerechtigkeit“ kommen fachliches Know-how, Darstellung,
Broschüren und Produktvorschlag auf den Prüfstand.

Den Fragenkatalog analysiert anschließend das Institut für Vermögensaufbau. Die Münchner bewerten die Antworten mit Schulnoten – von „sehr gut“ bis „mangelhaft“.

 

Die Ideal-Bank. Wie die Ideallösung im Sinne der Kunden aussehen sollte, definiert Fürdererwie folgt:

  • Ein vermögender Neukunde möchte am Telefon freundlich begrüßt werden. Im Anschluss sollte der erste Ansprechpartner den Kunden nach seinen Wünschen fragen und zeitnah einen Termin bei einem zu seinem Anliegen passenden und qualifi zierten Berater vereinbaren.
  • Nach einem freundlichen Empfang stellt der Berater zunächst sich und sein Geldinstitut vor. Dann geht er auf die Wünsche des Kunden ein. Die Atmosphäre sollte persönlich, der Gesprächsort abgeschirmt sein, damit der Kunde ohne Bedenken Privates ansprechen kann.
  • Der Berater sollte Gesprächsbestandteile festhalten. Das Notieren der Informationen ist für den Kunden ein erstes Indiz, ob der Berater sein Anliegen ernst nimmt und gewillt ist, eine individuelle Lösung zu suchen.
  • Nach der Aufnahme der finanziellen Ist-Situation liegt es am Berater, die Bedarfslücken des Kunden zu entdecken und anzusprechen. Dabei sollte der Kunde die Problematik seiner Bedarfslücken verstehen.

Die Hürden für eine anspruchsvolle Beratung vermögender Kunden legte Fürderer hoch. Bei Banken, die sie erfolgreich nehmen, lohnt für Neukunden nicht nur ein erster Telefonkontakt, sondern auch ein Filialbesuch. Auch wenn es dort mehr nach Kaffee als nach Geld riecht.

Michael Groos

 

Der KriterienkatalogBanken-TÜV mit Tiefgang
Experten des Instituts für Vermögensaufbau, allesamt angeblich auf der Suche nach einer neuen Hausbank, prüfen im Lauf des Jahres Bankfilialen in 35 deutschen Städten anhand
von 91 Kriterien. Die Schwerpunkte der Recherchen liegen bei Kriterien wie Erst- und Folgekontakt, Kundenpflege, Gesprächsatmosphäre, Fachwissen und Produktangebot.
Den umfangreichen Fragenkatalog, den jeder Tester direkt im Anschluss an seinen Filialbesuch ausfüllt, analysiert anschließend das Institut für Vermögensaufbau. Die Münchner bewerten die Antworten mit Schulnoten – von „sehr gut“ bis „mangelhaft“. Auf diese Weise lässt sich am Ende eine bundesweit gültige Regionalbanken-Hitliste erstellen. Die jeweils besten Institute erhalten von FOCUS-MONEY ein Gütesiegel.

 

 

Erste Erkenntnisse – Verbesserungsbedarf erkannt

Wie die Idealbank für vermögende Kunden auftreten sollte, ist klar. Doch wie passen Theorie und Wirklichkeit im Alltag zusammen?
Bisher hat das Institut für Vermögensaufbau 16 Städte getestet. „Das Ergebnis ist mit einer Durchschnittsnote von 2,8 leider wesentlich schlechter als das Durchschnittsergebnis vom CityContest Retailbanking 2013“, sagt IVA-Vorstandsmitglied Fürderer. Besonders bei den hoch gewichteten Kriterien Kundengerechtigkeit und Sachgerechtigkeit deckten seine Musterkunden Mängel auf und vergaben bisher eine magere 3,1 als Durchschnittsnote. Da bleibt viel Spielraum für Verbesserungen in den kommenden Monaten.

Negativ aufgefallen war, dass „die Banken nicht selten den Kunden zum Depotübertrag veranlassen möchten und sich nicht vorstellen können, dass wir mit einer anderen Bank diesbezüglich zufrieden sind“. Die Tester hatten oft den Eindruck, dass ein Depotübertrag die Voraussetzung ist, um im Private Banking beraten zu werden. Auffällig war auch, dass sich viele Berater mit einer ganzheitlichen Beratung schwertun. Zudem passt der investierte Zeitaufwand nicht zum anspruchsvollen Fall. Das Testteam war überrascht, dass dieser aus Sicht der Banken so attraktive Kunde selten länger als 45 Minuten beraten und umgarnt wird. „Es ist immer wieder schwierig, als potenzieller Neukunde ein Gefühl für die Beratungsleistung zu erhalten, wenn man als Interessent nicht die Möglichkeit hat, die Leistungsfähigkeit im Erstgespräch in Erfahrung zu bringen“, sagt Fürderer.

Als entscheidendes Dilemma erwies sich, dass es im Bereich Private Banking nicht selbstverständlich ist, vom ersten Ansprechpartner an den richtigen Kundenberater weitergeleitet zu werden. Häufig gelangen die Kunden nach einer telefonischen Terminvereinbarung an einen Privatkundenberater, der für dieses gehobene Kundensegment nicht ausreichend qualifi ziert ist. Die gewünschte ganzheitliche Beratung über alle Anlageformen und Versorgungslücken des Kunden hinweg können die dann nicht leisten.
Zu den ersten Siegerinstituten in diesem Jahr gehört die Sparkasse Karlsruhe Ettlingen. Beim regionalen Private-Banking-Test kamen in Karlsruhe im Januar 2014 acht Institute auf den Prüfstand: Sparkasse Karlsruhe Ettlingen, BBBank eG, Südwestbank AG, HypoVereinsbank, Baden-Württembergische Bank, Deutsche Bank AG, Commerzbank AG und Volksbank Karlsruhe eG.

Mit einer Gesamtnote von 2,2 erreichte die Sparkasse Karlsruhe Ettlingen Platz eins, gefolgt von der BBBank eG mit der Note 2,3 und der Südwestbank AG mit einer 2,8. Unter den Großbanken gefiel den IVA-Testern die Beratung bei der Commerzbank gut. Sie setzt in diesem Kundensegment ihren „KundenKompass“ ein, der regelmäßig zu guten Ergebnissen führt.
Bundesweit betrachtet, konnten Fürderer und seine Kollegen im ersten Testzyklus bisher erst drei Institute überzeugen.

Bei den Sparkassen in Aachen und Ettlingen sowie bei der Heidelberger Volksbank empfanden die Tester das Engagement der Mitarbeiter und die Struktur der Beratung so, „wie man es sich als Bankkunde wünschen würde“. In Ettlingen verliefen beide Testgespräche sehr umfassend und dauerten im Durchschnitt rund 55 Minuten. Dem Tester wurde für seine bereits bestehenden Versicherungen ein Leistungsund Preischeck angeboten.

Als Ergebnis darf die Sparkasse Karlsruhe Ettlingen das Siegel „Beste Private-Banking-Beratung in Karlsruhe“ verwenden. „Für mich ist die Neukundengewinnung die eigentliche Herausforderung – und gleichzeitig auch die Königsdisziplin im Private Banking“, sagt Lutz Boden, Vorstandsmitglied der Sparkasse Karlsruhe Ettlingen. „Wer seine Marktführerschaft qualitativ und quantitativ ausbauen will, muss diese Aufgabe ernst nehmen.“ Gleiches gilt für die Sparkasse Aachen.

Dort verdeutlichte der Berater die Bedeutung der privaten Altersvorsorge und der Berufsunfähigkeitsversicherung. Produkte und Leistungen erläuterte der Banker fachlich richtig und leicht verständlich. Bei der Heidelberger Volksbank gefiel den Testern, dass beide Gespräche in einem separaten und ansprechend eingerichteten Büro geführt wurden. Eine vertrauliche Atmosphäre war somit gewährleistet. Um den Kunden auf die Bedeutung der privaten Altersvorsorge aufmerksam zu machen, wurde sogar seine voraussichtliche Rentenlücke berechnet.

In allen drei Instituten erfragten die Berater den persönlichen und finanziellen Hintergrund des Kunden umfassend mit Hilfe von Beratungsbögen und notierten umgehend die Ergebnisse.

 

Ergebnisse im Detail
Noch befindet sich der Private-Banking-Test am Anfang. Erst in 16 der angestrebten 35 Städte konnten die Tester des Instituts für Vermögensaufbau Bankfilialen unter die Lupe nehmen. In Karlsruhe beispielsweise erwies sich von den acht Instituten die Sparkasse als ideale Anlaufstation für einen vermögenden Neukunden (s. runten). Bei einer Durchschnittsbetrachtung
aller 16 Standorte erreichte bisher die Commerzbank, gemessen am kompletten Fragenkatalog, die beste Note (s. unten). Ein Vergleich mit dem Retailbanking-Test des Vorjahrs
ist nicht nur wegen der geringeren Bankenanzahl schwer möglich (s. unten): Im Private-Banking- Test ist der Musterkunde deutlich anspruchsvoller.

 

 

 

 

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