FOCUS MONEY: Geldanlage – Glück und Geld im Alter

23. Oktober 2014

„Jeder muss für seinen Ruhestand selbst vorsorgen“ – so ist es inzwischen überall zu lesen und zu hören. Denn die gesetzliche Rente reicht später für einen sorgenfreien Lebensabend nicht mehr aus. Was aber, wenn der Vorsorgesparer dann mit 65 Jahren einen Kapitalstock aufgebaut hat? Wie legt er das Geld am besten an, um seine monatliche Rente aufzubessern?

Nicht nur der Weg zum Kapitalstock stellt Sparer vor viele Fragen, sondern auch der spätere Werterhalt beziehungsweise die teilweise Entnahme für mehr Lebensqualität. Schließlich will man doch auch im Alter nicht auf ein neues Auto oder einen erholsamen Urlaub verzichten.

Die Idee. Der Wunsch vieler Ruheständler: den Wert des angesparten Kapitalstocks bei geringen Kursschwankungen erhalten, gleichzeitig möglichst die Infl ation ausgleichen
und noch einen Teil für eine monatliche Rente abzwacken. Doch Anleger bewegen sich im magischen Dreieck zwischen Rendite, Kursschwankungen und Verfügbarkeit des Geldes.

Heißt: Wer eine hohe Rendite möchte, muss mit höheren Schwankungen rechnen, und wer auf sein Geld jederzeit zugreifen möchte, muss mit einer geringeren Rendite leben.

Gibt es eine Lösung? „Es gibt kein Produkt, das alle Bedürfnisse der Ruheständler abdeckt, aber es gibt einen individuellen Lösungsansatz“, sagt Tom Friess, Vorsitzender der Geschäftsleitung des VZ VermögensZentrum München.

Die Idee: den Teil des Kapitalstocks, der für die Rentenaufbesserung bereitstehen soll, konservativ anlegen und verzehren, das Restkapital breit gestreut, aber risikofreudiger investieren und so das entnommene Geld wieder reinholen. Wichtig: „Beim Ruhestandsmanagement heißt es nicht, die Rendite zu maximieren, sondern das Risiko unter Kontrolle zu haben“, so der Vermögensexperte.

Konservative Anlage. Zuerst müssen sich die Ruheständler genau überlegen, wie viel Kapital sie monatlich vom Angesparten benötigen, um die gewünschte Lebensqualität zu erreichen. Danach heißt es, das Kapital zu trennen.

Ein Beispiel: Ein 65-Jähriger hat sich einen Kapitalstock von 500 000 Euro angespart und möchte die nächsten 15 Jahre monatlich 1000 Euro entnehmen. Ohne Inflation gerechnet, sind das pro Jahr 12 000 Euro, wofür bei einer Laufzeit von 15 Jahren und einer durchschnittlichen Rendite von 1,5 Prozent insgesamt 160 000 Euro erforderlich sind. „Diese heißt es nun defensiv, aber clever anzulegen“, sagt Friess.

Investmentfonds bieten hier eine breite Risikostreuung. Sinnvollerweise wird je nach Marktsegment mit aktiv gemanagten und passiven, kostengünstigen ETFs gearbeitet, weiß der Experte. „Je einfacher, desto besser.“ Von Fremdwährungsrisiken, risikoreichen Fonds oder Zertifikaten rät er für diesen Kapitalteil ab. Als kostengünstiges Beispiel nennt Andreas Beck, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau, den Stiftungs- ETF Wachstum der Deutschen Bank.

Das Papier investiert zu etwa 65 Prozent in Anleihen und zu circa 30 Prozent in Aktien. Innerhalb eines Jahres erzielte der ETF eine Wertentwicklung von über drei Prozent.
Allerdings rät Beck dazu, im Beispielfall jeweils halbjährlich 6000 Euro aus dem ETF zur Rentenaufbesserung zu holen, um Transaktionskosten gering zu halten. Mit Risiko zum Werterhalt. Die restlichen 340 000 Euro kann der Ruheständler dann über 15 Jahre mit einem höheren Risiko anlegen.

Selbst bei stärkeren Kursschwankungen muss der Anleger nicht schlecht schlafen, da sich mögliche Verluste über den Zeitraum wieder aufholen lassen. Schon mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 2,6 Prozent kommt der Anleger innerhalb von 15 Jahren wieder auf seinen Kapitalstock von 500.000 Euro.

Fällt die Rendite höher aus, lässt sich sogar die Inflation ausgleichen. Die oberste Devise ist hier allerdings Systematik und regelmäßige Überprüfung der Anlage. „Wie eine gute Partnerschaft braucht auch eine gute Geldanlage Zeit und Pflege“, so Friess. Eine aktuelle, taktische Gewichtung für ein Portfolio bei einem Anlagehorizont von 15 Jahren und einer mittleren Risikobereitschaft des Experten ist in der Tabelle zu finden. Dazu gehören 50 Prozent Aktien, 45 Prozent Zinswerte und fünf Prozent Rohstoffe und Spezialitäten.

Die Umsetzung sollte dabei mit aktiven und passiven Investmentfonds erfolgen. „Taktisch heißt aber auch taktisch. Also diese Allokation ist im Zeitablauf regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen“, betont der Experte. Außerdem seien im Aktienbereich Stop-Loss-Limits zu setzen sowie nachzuziehen, und zwar zwischen einem Abstand von zehn bis 15 Prozent – je nach Marktsegment.

Daneben müssen Anleger darauf achten, Transaktionskosten und Ausgabeaufschläge so niedrig wie möglich zu halten beziehungsweise ganz auszuschließen. Konkrete Anlagevorschläge von FOCUS-MONEY, um den Teil der ausländischen Aktien abzudecken, sind beispielsweise der US Advantage Fund von Morgan Stanley oder der Henderson Gartmore Fund. Beide erzielten über die Laufzeit von einem Jahr mehr als 15 Prozent Wertzuwachs.

Auf deutsche Aktien können Anleger im DWSDeutschland- Fonds setzen. Bei den Zinswerten bieten sich ETFs auf Unternehmensanleihen wie der iShares Markit iBoxx Euro an. Weitere ausgewählte Papiere zu der Portfolio- Gewichtung finden Sie in der Tabelle.

 

Risikoaufschlag bei Immobilien. Und wie sieht es mit Immobilienanlagen aus? „Das kann schlau sein“, sagt Friess. „Es hängt jedoch von mehreren Faktoren ab.“ Dazu gehört die Rendite. Diese sollte laut dem Experten bei 4,5 bis fünf Prozent liegen, weil ein Risikoaufschlag von drei Prozentpunkten bei einem solchen „Klumpenrisiko“ einkalkuliert werden sollte. Risiko? Wird die Immobilie als Kapitalanlage gesehen und nicht als Eigenheim genutzt, sondern vermietet, besteht immer das Risiko des Mietausfalls.
Ebenso kann es zu neuen gesetzlichen Vorschriften kommen, die Erneuerungen erfordern – oder Reparaturen werden fällig. Außerdem kann sich der Preis der Immobilie verändern. „Aus demografischer Sicht werden die Immobilienpreise mittel- bis langfristig eher unter Druck kommen“, glaubt Friess. Warum? Weil tendenziell immer mehr ältere Menschen in Deutschland ihre Immobilien an immer weniger Junge verkaufen können. Dann ist das Angebot höher als die Nachfrage, und somit sinkt der Preis. Stimmen allerdings die Lage sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis und ist die Qualität der Immobilie in Ordnung, sollte der Anleger das Angebot genauer prüfen.

 

Versicherungen bei geringem Kapital. Eine andere Möglichkeit, den Kapitalstock anzulegen, ist eine Leibrentenversicherung.
Der Vorteil: lebenslange Rentenzahlungen; der Nachteil: Nur wenn der Rentner sehr alt wird, springt eine gute Rendite heraus. „Jeder kann sich seine eigene Leibrente selbst organisieren“, sagt Friess. „Und zwar mit permanenter Verfügbarkeit des Geldes und ohne die hohen Kosten der Versicherungswirtschaft, was renditefördernd ist.“ Doch es gibt nach dem Experten auch Situationen, in denen eine Leibrente durchaus Sinn macht. Beispielsweise wenn das anzulegende Kapital relativ klein ist oder wenn keine Basisrente wie die gesetzliche Rente vorhanden ist. Hier kann das angesparte Kapital beispielsweise in eine Sofortrente fließen. Dann bekommt der Ruheständler lebenslang eine monatliche Rente ausbezahlt (die besten Sofortrenten in FOCUS-MONEY-Ausgabe 17/2014).

Julia Hassmann

 

 

 

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