Entspannung und Muskelspiele

dollar
22. April 2018

Der Handelsstreit verunsichert die Investoren. Nach Drohungen und Gegenreaktionen gibt es nun aber erste deeskalierende Signale.

Chinas Markt ist für viele Unternehmen aus den Industrie- und  Schwellenländern unverzichtbar – für mittlerweile 43 Staaten ist das Land der wichtigste Exportmarkt. Die Firmenlenker hoffen auf gute Geschäfte dank kauffreudiger Konsumenten. Im Reich der Mitte steigen immer mehr Menschen in die Mittelschicht auf. Einer Studie von McKinsey zufolge werden schon im Jahr 2020 rund 400 Millionen Chinesen über ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen zwischen 16 000 und 34 000 Dollar verfügen.

Doch der Zugang zum chinesischen Markt ist nicht ohne Hindernisse. Das spüren beispielsweise Automobilhersteller wie General Motors, VW oder das indische Unternehmen Tata Motors. Auf Produkte aus dem Ausland erhebt China eine Importsteuer von 25 Prozent. Unternehmen, die in China aktiv sein wollen, müssen sich wiederum mit einem chinesischen Partner zusammen tun und ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. BMW beispielsweise kooperiert mit dem chinesischen Hersteller Brilliance. Der Anteil der Ausländer am Joint-Venture darf aber nicht über 50 Prozent hinausgehen.

Olivenzweig aus Peking

Die westlichen Staaten haben die Markteintrittshindernisse immer wieder kritisiert. Lange Zeit hat sich Peking darum aber nicht gekümmert. Doch der raue Ton aus Washington beziehungsweise die Sorge vor einer drohende Eskalation im Handelskonflikt  –  beide Seiten wollen Strafzölle auf Einfuhren im Wert von 100 Milliarden Dollar erheben  – scheint Chinas Führung nicht unbeeindruckt zu lassen. Offiziell weist Peking jedoch jeglichen Zusammenhang zwischen Donald Trumps Twitter-Tiraden und der jüngsten Entscheidung,  die Obergrenzen für ausländische Beteiligungen in der Autobranche in den kommenden fünf Jahren aufzuheben. Bei Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen sollen die Beschränkungen schon in diesem Jahr fallen. Im Jahr 2020 soll dann auch der Nutzfahrzeugmarkt geöffnet werden. Die Aufhebung des Joint-Venture-Zwangs und die Ankündigung weiterer Öffnungsschritte unter anderem im Finanzsektor soll und dazu beitragen, das angespannte Verhältnis zwischen China und den USA wieder zu entkrampfen.

Russischer Hebel

Zwischen Washington und Moskau dagegen herrscht Eiszeit. Anfang April hatten die USA neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Moskau erwägt nun seinerseits Gegenmaßnahmen. Auf den ersten Blick mag das die US-Wirtschaft nicht tangieren. Die Größenordnung russischer Exporte in die USA ist überschaubar. Doch Russland deutete an, es könne seine Titanlieferungen an den US-Flugzeugbauer Boeing einstellen. Zum Flugzeugbau, aber auch in der Waffentechnologie ist der Rohstoff unverzichtbar.

Ein weiteres Instrument, das Moskau nutzen könnte, wäre die Abkehr vom Dollar als Abrechnungswährung für Öl. „Der Hegemonialstatus der USA hängt zu großen Teilen an der dominanten Rolle des Greenbacks an den Finanzmärkten ab. Der Iran hat bereits beschlossen, die Ölgeschäfte nicht mehr in Dollar, sondern in Euro abzurechnen. Folgen weitere Länder, würde dies die USA ins Mark treffen“, warnt Kapitalmarktexperte Folker Hellmeyer.

In Washington scheint man die Warnung verstanden zu haben. Die nach dem mutmaßlichen Giftgasanschlag in Syrien zunächst angekündigte Verschärfung der Sanktionen gegen Russland bestätige Trump nicht. Bei den Anlegern wächst nun die Hoffnung, dass die Handelskonflikte doch noch auf dem Verhandlungswege gelöst werden können.

Hellmeyer jedenfalls ist optimistisch. Seiner Meinung nach kann die Welt aus dem von den USA ausgelösten Handelskonflikt sogar gestärkt hervorgehen und zu einem gleichgewichtigeren und nachhaltigeren Austausch von Gütern und Dienstleistungen kommen. Nicht nur weil die ökonomischen Abhängigkeiten der Länder in Zeiten der Globalisierung gewachsen sind. Auch dürften global aufgestellte  US-Unternehmen die US-Administration daran hindern, eine rein nationalistische Handlungspolitik durchzusetzen. „Deren Lobby ist mächtig“, sagt Hellmeyer.

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