Immobilienfinanzierung – Was neben dem Zins entscheidend ist

31. März 2014

 

Mindestens jeder zweite Deutsche lebt in den eigenen vier Wänden. Das belegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes der Europäischen Union bereits aus dem Jahr 2010 – Tendenz steigend. Dabei ist Deutschland fast das Schlusslicht in Europa. In südosteuropäischen Staaten wie der Slowakei oder Rumänien leben mehr als 90 Prozent der Bürger im Eigenheim.

 

Doch auch in Deutschland ist die Nachfrage nach Immobilien in den letzten Jahren stark gestiegen. Das liegt zum einen an der Angst der Deutschen vor der Inflation. Immobilien gelten seit jeher als gute Absicherung gegen den gefürchteten Kaufkraftverlust.

Ein weiterer Grund sind die historisch niedrigen Zinsen für eine Immobilienfinanzierung. Noch nie in der Geschichte Deutschlands war es so günstig, sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.

 

Rekordtiefstände bei Darlehenszinsen

So zahlt der Kunde für eine Immobilienfinanzierung über 120.000 Euro gerade mal 2,05% Sollzinsen bei der Sparda-Bank Nürnberg (10-jährige Zinsbindung, 60%ige Beleihung). Das führt dazu, dass sich immer mehr Menschen eine Finanzierung auch tatsächlich leisten können.

Ob eine Immobilie die richtige Wahl ist, sollte aber nicht über die Höhe des Zinses entschieden werden. Denn neben dem Zinssatz gibt es weitere Faktoren, die der Kunde bei seiner Immobilienfinanzierung beachten sollte.

 

Wie teuer darf mein Eigenheim werden

Am Anfang der Eigenheim-Planung sollte sich der Kunde die Frage stellen:  „Wie teuer darf mein Eigenheim werden?“. Hierzu ist es notwendig, sich eine ehrliche Übersicht seiner monatlichen Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Daraus ergibt sich eine realistische Vorstellung dessen, was der Kunde monatlich für seine Immobilienfinanzierung ausgeben kann. Mit dieser Vorarbeit kann ein kompetenter Finanzierungsberater für den Kunden errechnen, wie viel die eigenen vier Wände kosten dürfen. Dabei muss er natürlich beachten, dass neben den monatlichen Raten für das Darlehen auch Nebenkosten anfallen, die der Immobilienbesitzer einkalkulieren muss.

 

Mit Eigenkapital kommt man leichter ans Ziel

Die nächste Frage, die sich der Kunde stellen sollte, ist die nach der Höhe des Eigenkapitals.  Hier gilt die Regel: Je mehr Eigenkapital der Kunde für seine Finanzierung einbringen kann, umso günstiger ist der Zins, den er von der Bank erhält. Die besten Zinsen erhält er bei einer Beleihungsgrenze unter 60%. Wenn zum Beispiel das Darlehen des Kunden 120.000 Euro beträgt und der Beleihungswert der Immobilie 200.000 Euro, dann liegt die Beleihungsgrenze bei 120.000 / 200.000 = 60%. Für die Finanzierung sind in diesem Fall 80.000 Euro Eigenkapital notwendig – die anfallenden Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notarkosten, evtl. anfallende Maklergebühren sind hier noch nicht berücksichtigt.

Aber auch mit weniger Eigenkapital ist eine Finanzierung machbar. Der Kunde sollte jedoch bedenken, dass damit sein Risiko steigt und er eine deutlich längere Rückzahlungszeit einplanen muss.

 

Zuschüsse der öffentlichen Hand nutzen

Wenn geklärt ist, welchen Darlehensbetrag der Kunde für seine Immobilie benötigt, stellt sich die Frage nach potenziellen Zuschüssen der öffentlichen Hand. Denn für Immobilienbesitzer gibt es zahlreiche Förderprogramme, wie bspw. von der staatlichen Förderbank KfW. Unter bestimmten Voraussetzungen werden hier zinsgünstige Darlehen vergeben. Alternativ werden auch Zuschüsse gewährt, wenn gewisse energetische Anforderungen für das Eigenheim berücksichtig werden. Der Kunde sollte sich hier an seine Bank oder einen kompetenten Finanzierungsberater wenden, die ihn bei der Suche nach dem richtigen Programm unterstützen.

 

Kompletter Planungshorizont

Mit dieser Vorarbeit kommt der Kunde zum Herzstück seiner Finanzierung, dem sogenannten Hypothekendarlehen. Banken, Sparkassen und unabhängige Finanzierungsberater stellen hier eine große Auswahl zur Verfügung. Und neben dem klassischen Darlehen werden häufig auch Kombinationen mit Bausparverträgen und Versicherungsverträgen angeboten.

Einen wichtigen Grundsatz sollte der Kunde unbedingt befolgen: Aufgrund der niedrigen Bauzinsen sollte er auf eine angemessene Tilgung achten. Denn je höher die Tilgung, umso geringer ist die Restschuld am Ende der Zinsfestschreibung. Idealerweise kennt der Kunde über den kompletten Zeitraum der Finanzierung seine monatliche Belastung und hat am Ende der Laufzeit keine Restschulden mehr. Natürlich hängt dies von der Höhe der monatlichen Darlehensraten ab, die sich der Kunde leisten kann.

Ein Beispiel: Ein Kunde kann sein Darlehen in Höhe von 120.000 Euro bei einer monatlichen Rate von ca. 810 Euro innerhalb von 15 Jahren komplett zurückzahlen, wenn er eine 15-jährige Zinsbindung mit seiner Bank vereinbart. Würde er bei gleicher Zinsbindung jedoch nur eine Tilgung von 2% wählen, was einer monatlichen Rate von 475 Euro entspricht, hätte er am Ende der Zinsbindung noch Restschulden in Höhe von 75.500 Euro. Damit steht er vor der Herausforderung, dass er mit seiner Bank oder Sparkasse eine Anschlussfinanzierung vereinbaren muss. Ist der Zins in diesen 15 Jahren gestiegen, auf z.B. 7%, zahlt er für weitere 15 Jahre monatlich 680 Euro, um sein Darlehen vollständig zu tilgen.

In der ersten Variante hätte er somit Gesamtkosten für seine Finanzierung in Höhe von ca. 27.000 Euro, während sich die Kosten in der zweiten Variante auf über 87.000 Euro summieren!

Eine realistische und konsequente Finanzierungsplanung ist deshalb unabdingbar. Dabei hängt die Finanzierungsdauer natürlich von den finanziellen Möglichkeiten des Kunden ab. Banken, Sparkassen und Finanzierungsberater haben jedoch die Möglichkeit, für den Kunden das optimale Finanzierungskonzept zu erstellen. Dabei sind Darlehenslaufzeiten bis zu 30 Jahren möglich, die dem Kunden bei einer vertretbaren monatlichen Belastung Zinssicherheit über die komplette Laufzeit bieten.

 

Sondertilgungen einplanen

Außerdem kann die Bank mit sogenannten Sondertilgungsmöglichkeiten dem Kunden weitere Flexibilität bieten. Sollte dem Kunden in unserem ersten Fall die monatliche Belastung in Höhe von 810 Euro zu hoch sein, kann er seine Tilgung bei Vertragsbeginn niedriger wählen. Über Sondertilgungen hat er jährlich die Möglichkeit, Extrazahlungen für sein Darlehen zu leisten, um seine Restschuld zu reduzieren. Die Verträge der meisten Banken beinhalten eine kostenfreie Sondertilgungsoption von jährlich bis zu fünf Prozent. Ob darüber hinaus Tilgungsoptionen nötig sind, sollte er sich vorher genau überlegen. Denn je höher die Sondertilgungsmöglichkeiten, desto höher ist i.d.R. der Darlehenzins. Und die Praxis zeigt, dass diese nur in seltenen Fällen ausreichend genutzt werden.

 

Unerwarteter Geldsegen

Sollte der Kunde während seiner Darlehenslaufzeit unerwartet zu Geld kommen, bspw. durch eine Erbschaft, stellt sich die Frage, ob er dieses zur vorzeitigen Darlehensrückführung verwenden kann. Grundsätzlich gilt, dass der Kunde sich mit einem Immobilienkredit während der Zinsbindungsfrist an einen Vertrag gebunden hat. Ein vorzeitiger Ausstieg ist nicht möglich. Denn die Bank ist mit dem Darlehen auch eine langfristige Verbindung eingegangen, die von ihrer Seite nicht vorzeitig aufgehoben werden kann. Es gibt jedoch Ausnahmen.

Bei einer Zinsfestschreibung über 10 Jahre hat der Kunde das Recht, den Kreditvertrag nach Ablauf von 10 Jahren mit einer 6-monatigen Kündigungsfrist zu kündigen. Sollte der Kunde in dieser Zeit über die Mittel verfügen, sein Darlehen komplett oder in Teilen zurückzuzahlen, kann er das frühestens nach 10,5 Jahren tun. Hierbei fallen keine zusätzlichen Kosten an.

Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte außerordentliche Kündigungsrecht. Dieses liegt vor, wenn der Kunde ein berechtigtes Interesse hat, z.B. wenn er seine Immobilie verkaufen möchte. Allerdings wird die Bank in einem solchen Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Höhe dieser Vorfälligkeitsentschädigung hängt vom Zinsschaden ab, den die Bank durch die vorzeitige Auflösung des Darlehens erleidet. Sie richtet sich nach der Darlehensrestlaufzeit und dem Zinsniveau zum Zeitpunkt der Rückzahlung. In einem solchen Fall sollte der Kunde immer das Gespräch mit seiner Bank suchen.

Möchte der Kunde auf Nummer sicher gehen, dass die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung richtig berechnet hat, kann er sich an die Verbraucherzentralen wenden. Diese bieten gegen Gebühr die Möglichkeit, die Berechnung zu prüfen. Denn in drei von zehn Fällen fällt die Gebühr zu hoch aus und der Kunde zahlt mehr als er müsste.

 

Fazit

Bei der Finanzierungsplanung gibt es viele Punkte zu berücksichtigen. Dies kostet Zeit und Energie, eine gute Beratung ist unerlässlich. Denn der Kunde erfüllt sich mit seiner Immobilie in den meisten Fällen einen Lebenstraum. Die Finanzierung ist dabei ein entscheidender Baustein – damit das böse Erwachen am Ende des Traums ausbleibt.

Bettina Wegner

 

Tipp der MBVO-Redaktion:

Erkärfilm „Immobilienfinanzierung“

Ist dieser Artikel hilfreich?
Vote DownVote Up +50
Loading...