Zwangsversteigerung: Immobilienkauf wie auf dem Basar

Zwangsversteigerung
16. Mai 2018

Ob Kauf von Privat oder über den Makler: Die Preise für Immobilien in Deutschland haben in den vergangenen Jahren deutlich angezogen. Eine Alternative kann eine Wohnung oder ein Haus aus einer Zwangsversteigerung sein. Mit guter Vorbereitung können gewiefte Interessenten auch im engen Immobilienmarkt zum Zuge kommen.

Wenn nichts mehr geht, kommt die Immobilie unter den Hammer: Eine Zwangsversteigerung wird von einer Gläubigerbank beantragt, wenn der Eigentümer einer Immobilie seinen Kredit über längere Zeit nicht mehr bedienen kann. Die Bank versucht in der Regel zunächst eine Umschuldung bzw. einen Verkauf im Einverständnis mit dem Besitzer. Falls das aber nicht klappt oder die Kommunikation mit dem Eigentümer vollkommen abbricht, ist der nächste Schritt die Zwangsversteigerung.  

Termine zur Zwangsversteigerung werden in der örtlichen Presse sowie auf den Internetseiten der zuständigen Amtsgerichte veröffentlicht. Zudem gibt es kostenpflichtige Terminlisten von privaten Anbietern. Die Versteigerung selbst unterteilt sich in zwei Abschnitte: Erst verliest der Rechtspfleger den Grundbuchinhalt, Versteigerungsbedingungen, weitere Formalien und das geringste Gebot, das in jedem Fall für einen Zuschlag erreicht werden muss. Dann folgt die Bietzeit, die mindestens 30 Minuten dauert. Beim ersten Versteigerungstermin gelten die sogenannten Fünf-Zehntel- und Sieben-Zehntel-Grenzen. Das heißt: Unter 50 Prozent des sogenannten Verkehrswertes der Immobilie kann ein Bieter keinen Zuschlag erhalten. Liegt der Preis zwischen 50 und 70 Prozent des Verkehrswertes, kann die Bank als Gläubiger dem Zuschlag widersprechen. Findet sich beim ersten Termin kein Käufer, entfallen die Grenzen beim zweiten Termin. Dann sind sehr tiefe Preise möglich.

Auf die Vorbereitung kommt es an

Auf Zwangsversteigerungen sollten sich Interessenten gut vorbereiten. Der erste Schritt ist der Gang zum Amtsgericht. Dort liegen das Grundbuch und das sogenannte „Verkehrswertgutachten“ zur Einsicht. Es enthält eine Beschreibung der Lage und des Zustands der Immobilie und als Richtpreis den daraus errechneten Verkehrswert. Im Gutachten werden Fehler, Leerstände, Baumängel und anstehende Reparaturen genannt. Doch Vorsicht: Das Verkehrswertgutachten kann nur eine Orientierung geben. Meist ist es schon viele Monate oder gar Jahre alt. Mitunter durfte der Gutachter Haus oder Wohnung auch gar nicht von innen besichtigen. Vor allem bei unbewohnten Immobilien kann sich der Zustand zwischenzeitlich deutlich verschlechtert haben. Mit Reparaturstaus und geringer Energieeffizienz muss gerechnet werden. Da es bei Zwangsversteigerungen keine Gewährleistung gibt, sollte sich ein Interessent bestmöglich informieren. Wenn durch den Kontakt zur Gläubigerbank eine Besichtigung vor Ort möglich wird, ist das ein klarer Vorteil.

Schnäppchen sind selten geworden

Schon vor der Versteigerung ist es notwendig, eine Finanzierungszusage einer Bank einzuholen. Dafür gibt es mehrere Gründe: So müssen Bieter zehn Prozent des Verkehrswertes bei der Versteigerung durch Scheck oder Bürgschaft der Bank nachweisen. Eine Barzahlung ist seit 2007 nicht mehr möglich. Außerdem wird zum so genannten „Verteilungstermin“ vier bis 12 Wochen später die gesamte Ersteigerungssumme plus Nebenkosten fällig. Die Zeit zum Aufbau einer Finanzierung wäre reichlich kurz. Schließlich können Banken Interessenten aber auch vor übertrieben hohen Angeboten bewahren, wenn sie schon vor der Versteigerung erklären, bis zu welchem Kaufpreis und etwaigem Renovierungsaufwand sie zur Finanzierung bereit sind.

Das ist wichtig, weil inzwischen bei Zwangsversteigerungen Bieterwettkämpfe an der Tagesordnung sind. Da die Preise in Großstädten bei regulären Verkäufen zuletzt im Jahresrhythmus zweistellig stiegen, ist der ausgewiesene Verkehrswert meist sehr attraktiv. Das wissen jedoch auch die Mitbieter, insbesondere Immobilienprofis. Deshalb liegen die erzielten Versteigerungspreise aktuell oft deutlich über den ausgewiesenen Verkehrswerten. Auch die Zahl der Zwangsversteigerungen ist zuletzt gesunken, weil viele Immobilien noch vor dem angesetzten Termin verkauft werden können. Mit guter Vorbereitung können gewiefte Interessenten auch im engen Immobilienmarkt bei Zwangsversteigerungen durchaus zum Zuge kommen – absolute „Schnäppchen“ sind aber in begehrten Lagen von Großstädten kaum möglich.

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