FOCUS MONEY: Wohnriester – Ein Haus für jeden

12. Dezember 2013

 

Eigene vier Wände? Mit Wohn-Riester muss das kein Traum bleiben. Mit welchen Bausparverträgen Interessenten am besten fahren.


Während Fondssparen und Versicherungen bei der Altersvorsorge verlieren, gewinnt Bausparen an Beliebtheit. Da Wohn-Riester erst später kam, ist der Anteil am Gesamtbestand freilich noch eher klein – das dürfte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern.

 

Die aktuelle Niedrigzinsphase ist Gift für die Altersvorsorge- Sparer“, konstatiert Andreas J. Zehnder, Verbandschef der privaten Bausparkassen. Damit geraten die Deutschen in ein Dilemma, denn „sie wissen, dass sie keine Alternative haben“, so Zehnder – schließlich sinkt das Niveau der gesetzlichen Rente kontinuierlich. Wer das finanzielle Loch nicht schließt, nagt im Alter am Hungertuch, um es einmal drastisch auszudrücken. Nicht von ungefähr boomt die Riester-Rente, sprich die kapitalgedeckte staatlich geförderte Rente, die von Ex-Arbeitsminister Walter Riester erfunden wurde und deswegen auch seinen Namen trägt.

Zur Einführung vor elf Jahren waren vor allem Sparverträge und Versicherungen beliebt, mit dem Start der Eigenheimrente 2008 hat sich das Bild jedoch grundlegend geändert. In den ersten sechs Monaten 2013 haben Wohn-Riester-Verträge in puncto Zuwachs alle anderen Formen in den Hintergrund gedrängt und sind zurzeit mit Abstand die beliebteste Riester-Form ). Weit mehr als eine Million Verträge sind bislang abgeschlossen worden. Absolut gesehen – insgesamt beziffert das Arbeitsministerium den Bestand auf 15,6 Millionen Riester-Verträge – dominieren freilich die anderen Formen, weil sie schon länger am Markt sind.

 

Vertragsarten bei der Riesterrente

 

Die Eigenheimrente hat jedoch das Zeug, den Vorsprung bei Neuabschlüssen weiter auszubauen. Die Gründe: Seit Anfang Juli können Sparer die staatlichen Zulagen auch für alters- und behindertengerechte Umbauten an bestehenden Häusern und Wohnungen einstreichen – und nicht nur für den Kauf einer Immobilie. Andere Riester-Formen werfen wegen der Niedrigzinsphase immer weniger Rendite ab, was sie weniger interessant macht. Wichtigster Aspekt ist jedoch, dass Wohn-Riester die einzige Form staatlich geförderter Altersvorsorge ist, die der Sparer schon während seiner aktiven Berufsphase nutzen kann. Deutsche lieben Wohn-Riester. Insofern erscheint vielen Deutschen Wohneigentum als ideale Form der Altersvorsorge und macht es zum drittwichtigsten Motiv für Sparer, so eine Umfrage des Verbands der Privaten Bausparkassen.

Grund genug, die Anbieter entsprechender Verträge unter die Lupe zu nehmen. Um vergleichen zu können, konstruierte das Institut für Vermögensaufbau (IVA) einen Musterfall (s.unten), der sich auf ein 300 000 Euro teures Haus bezieht. Die Experten baten 21 Landesund private Bauspar-kassen um Finanzierungsvorschläge für diesen Musterfall.

Die Ergebnisse erstaunen: Immerhin differieren die Gesamtkosten der 300 000 Euro teuren Immobilie um mehr als 20 000 Euro. Sparer, die voll von der staatlichen Förderung profitieren wollen, müssen vier Prozent ihres beitragspflichtigen Vorjahresbruttoeinkommens – höchstens jedoch 2100 Euro – in einen Riester-Bausparvertrag einzahlen, um die 154 Euro Grundzulage zu kassieren. Für jedes vor 2008 geborene Kind legt der Staat noch einmal 185 Euro drauf, für Kinder, die später geboren wurden, bekommen Eltern sogar jährlich 300 Euro.

An Eigenleistung muss der Sparer mindestens 60 Euro pro Jahr aufbringen. Für Ehepaare hält der Staat ein Bonbon parat, denn bei zusammen veranlagten Eheleuten, von denen nur einer direkt förderberechtigt ist und der andere kein eigenes Einkommen hat, kann Letzterer auch mit einem Riester-Vertrag ohne eigene Sparleistung die volle Zulage erhalten (mittelbare Förderung). Übrigens ist die Wohn-Riester- Förderung nicht an Einkommensgrenzen gebunden.

Und wer bietet den günstigsten Vertrag an? Das IVA hat versucht, mit dem Testfall möglichst viele Eventualitäten zu berücksichtigen, entsprechend aufwendig waren die Rechnungen, weil der bloße Vergleich von Guthaben- und Sollzins nicht zur Prüfung eines komplexen Finanzierungsvorschlags ausreicht. Fünf Anbieter kamen in die Endrunde. Die Wüstenrot Bausparkasse schaffte es auf Platz eins. Mit ihr kam die Musterfamilie am schnellsten in den Genuss eines schuldenfreien Eigenheims und hatte schon nach 26 Jahren und acht Monaten die letzte Rate überwiesen. Letztlich zahlte sie für ihr Eigenheim im Wert von 300 000 Euro am Ende 20 000 Euro weniger als im ungünstigsten Fall – Geld, das sich in eine neue Küche investieren lässt.

HELMUT ACHATZ
 

Der Testfall

Solide Basis für die eigenen vier Wände
Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) bat die teilnehmenden Bausparkassen, ihre Angebote auf den folgenden Testfall, bei dem ein Bauspartarif gefragt war, abzustellen: Ein Bausparer möchte in zehn Jahren eine Eigentumswohnung zur Selbstnutzung kaufen.

Der Familienvater ist verheiratet und verdient als Angestellter 55 000 Euro (zu versteuerndes Einkommen, gemeinsame Veranlagung). Beide Ehepartner sind rund 30 Jahre alt und haben ein gemeinsames Kind (Jahrgang 2011 – Kindergeldbezug bis zum Alter von 25 Jahren). Die Ehefrau verfügt über kein zu versteuerndes Einkommen und ist mittelbar förderberechtigt. Die Familie lebt zurzeit in einer Mietwohnung und plant den Kauf einer eigenen Wohnimmobilie in zehn Jahren zum Gesamtpreis von 300 000 Euro.

Die Familie kann monatlich 500 Euro für einen riester-geförderten Bausparvertrag abzweigen. Während der Sparphase soll auch die staatliche Förderung von 608 Euro pro Jahr dem Bausparguthaben zugutekommen. Bislang zahlen die Eheleute jeden Monat 1100 Euro Miete. Nach dem Kauf können sie diese Summe ebenfalls zur Tilgung eines Bauspar- und /oder Hypothekendarlehens verwenden.

Die Familie kann kein Eigenkapital vorweisen, sie hat aber auch keine Schulden. Jedenfalls will sie auf alle Fälle ihren Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen.
Die Höhe der Bausparsumme bleibt offen, sie soll von der Bausparkasse für diesen Fall optimal errechnet werden. Eine Aufzahlung des Bausparvertrags aus Darlehensmitteln bis zu 30 000 Euro
zum Zeitpunkt des Immobilienkaufs soll zulässig sein. Die Bausparkasse muss daran denken, dass die Familie während der Finanzierungsphase monatlich nur 1600 Euro für Bauspar- und Hypothekendarlehen aufbringen kann. Das Paar kann die staatliche Förderung von 608 Euro jährlich während der Tilgungsphase entweder für die Tilgung des Bauspardarlehens verwenden oder
für die Tilgung des Hypothekendarlehens, für das ebenfalls die Zulassung zur Riester-Förderung unterstellt wird.

Nach Berücksichtigung der Bausparsumme soll der noch offene Finanzierungsbetrag durch ein standardisiertes Hypothekendarlehen abgedeckt werden. Für dessen Tilgung setzt das Paar die Liquidität ein, die ihm monatlich noch bleibt, nachdem es das Bauspardarlehen bedient hat. Für das standardisierte Hypothekendarlehen nimmt das IVA einen effektiven jährlichen Zinssatz von 5,53 Prozent an, der dem durchschnittlichen Hypothekenzinssatz im Neugeschäft mit einer Zinsbindungsdauer von zehn Jahren entspricht – ermittelt
für die vergangenen 20 Jahre von Juli 1993 bis Juni 2013.

Fünf Bausparkassen reichten Finanzierungsvorschläge ein, die dem Musterfall Rechnung trugen. Welches Bausparangebot ist das vorteilhafteste, bezogen auf den Testfall? Der Knackpunkt für das IVA ist die vollständige Finanzierung der betrachteten Immobilie innerhalb des kürzesten Zeitraums, was Bauspar- und Hypothekendarlehen betrifft.

Es gilt: je kürzer, desto besser, da die Höhe der monatlichen Tilgungsraten konstant ist und die Finanzierungsdauer die Zahl der aufgewendeten Monatsraten bestimmt. Eventuelle Steuerersparnisse bleiben in diesem Musterfall unberücksichtigt.


Hinweis: Das Testergebnis gilt nur für den Musterfall und die eingereichten Vorschläge der Bausparkassen. Andere Finanzierungsmöglichkeiten ließen die Experten des IVA außen vor.

Die Ergebnisse des Testfalls stellen wir Ihnen hier als Download zur Verfügung.

Testfall_Wohn-Riester

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